Geschichtliches über die Genossame
("nach P. J. Heim - Kleine Geschichte der March - Band II")
Die Hofjünger von Reichenburg waren in einer Allgemeinen Genossame und in einer Kistler-Genossame zusammengeschlossen.
1469 Die Trennung der beiden Genossamen muss schon vor dem Jahre 1469 bestanden haben, denn am 10. August 1469 genehmigt der Abt von Einsiedeln, Gerold von Hohensax (1452-1480)
als Grund- und Gerichtsherr die Alpordnung der Allgemeinen Genossame, im Gegensatz zur Kistler-Genossame, deren Nutzung nur Angehörigen des Geschlechtes Kistler zusteht. Als Geschlechter der
Genossame Reichenburg sind folgende im Jahre 1469 anzusehen: Dumm (Thum?), Eberli, Kistler, Klein, Krieg, Ruoss, Seiss (Leyss) und Sieri (Schirgi).
(Archiv Stift Einsiedeln)
1481 den 25. Juni entschied Stiftsammann Johann Lütold einen Streit zwischen Alpge-nossen und Allgemeinen (Ungenossen) genannt wegen dem Recht des Viehauftreibens auf die
Alp.
1536 Artikel 5 und 6 des Hofrodels lassen erkennen, dass die Hofleute immer mehr gemeinsame Güter erwarben, denn diese Art. besagen: "Item so hand mir ein riett genannt Usperriet
" und ein riett, genannt Mossen und Birchen " und sollen die von Richenburg dasselbst riett nutzen " und sollen sie weder Zün noch Graben iren" (hindern).
1548 Eine weitere Streitsache kam 1548 zur Entscheidung. Es handelte sich um das Recht, in der Alp zu Reuten und zu Schwenden.
1551 Im Jahre 1551, im Juni, bestätigt Abt Joachim Eichhorn eine neue Ordnung, da wieder Misshelligkeiten entstanden waren.
1587 Ebenso im Jahre 1587, da an Landvogt Michael Bäldy in Glarus Holz verkauft wurde.
1620 Am 26. Wintermonat 1620 liess Abt Augustin erster Hofmann alle Briefe von den Alpgenossen "wägen Irer alp" abfordern. Diese Stücke wurden damals durch den Schreiber Melchior
Burolt zu Reichenburg abgeschrieben. Diesem Umstand sind die Kopien der aufgeführten Satzungen und Entscheide zu verdanken.
(Lt. Stiftsarchiv Einsiedeln I. CA)
1640 Am 7. Juli 1640 klagen die Hofleute (später Allg. Genossen) bei Fürstabt Plaz. Reimann, von Vogt und Gericht zu Reichenburg gegen die Alpgenossen, weil letztere den Wäldern
schweren Schaden zufügten. Zu den Alpgenossen gehörten damals sieben Geschlechter, von denen heute nur noch die Kistler übrigblieben. (Kistler-Genossame). Dieser Streit wurde schon am 10. Juli
1640 im Beisein eines Vertreters des Fürsten und Vogtes beigelegt, welches Abkommen dann bis 1734 gehalten wurde.
1657 Ebenso liegt noch ein Gutspruch des Stiftkanzlers vom 8. November 1657 vor betreff Hagpflicht zwischen den Reichenburgern und Glarneralpen.
1674 In einem Appellationsurteil vom 6. April 1674 vom Abt, Denkan und Richter von Ein-siedeln zwischen Vogt Sebastian Burlet und Säckelmeister Andreas Wilhelm, namens der
Hofjünger und Hans Melchior und Hans Kistler, Namens der Kistler-Genossame, betreffend einen von den Hofleuten angesprochenen Geissweg zu und in der Kistleralp, wird der Geissweg
zugesprochen.
1812 Im Jahre 1812 waren folgende Geschlechter allgemein genossenberechtigt (lt. 4. Säkular-Beschreibung von H.H.M.B. Zehnder):
Burlet, Buff, Hahn, Kistler, Mettler, Menziger, Reumer, Schirmer, Schumacher, Spörri, Wilhelm, Zett, Unger und Vögeli, von welchen letztere zwei erloschen sind. Der letzte Nachkomme des Joh.
Balth. Vögeli sel. starb am 29. Februar 1940 ledigen Standes. (Jüngl. Sebast. Vögeli, des Balz.)
1815 Ein Schreiben des Abt Konrad Tanner an Landammann und Rath zu Glarus vom 14. März 1815, das um Intervention nachsucht, da das Atzungsrecht der Reichenburger Genos-sen auf
dem Alpenriet in Bilten durch einen Landsgemeindebeschluss gefährdet sei. In gleicher Angelegenheit wurde auch die Schwyzer Regierung unter dem 27. März 1817 bei Glarus vorstellig.
1817 Anno 1817 kam zwischen dem Hochfürstl. Abt Conradus IV. des Stiftes Einsiedeln und dem hohen Stand Schwyz eine Übereinkunft zustande über die zukünftige Ordnung des Hofes
Reichenburg und über Rechte und Pflichten der Hofleute. Das Original dieser Convention wurde in die Kirchenlade gelegt. (J.A. Wilhelm, Gerichtschr.) Am 17. September 1817 bei der Gerichtssitzung
zu Reichenburg wurden von Sr. Hochfürstl. Gnaden Hochw. Pater Statthalter von Einsiedeln, im Beisein des Hochgeehrten alt Landschreiber H. Thomas Gyr von Schwyz, drei neue Protokollbücher an die
Hofjünger zu Reichenburg verehrt, nämlich dabei ein bekanntes Verwaltungsprotokoll, welches mit dem Neujahr 1818 seinen Anfang einzutragen hat. (Lt. Gantpr. 1817).
1845 Anno 1845 wurde ein Kompromiss-Vertrag zwischen Allgemeine Genossame und Kistler-Genossame abgeschlossen betreff Marchung über Alp und Waldung. (Protokolliert
Genossenschreiber Jos. Pius Reumer, 23. Mai 1845.) Über die spätere Zeit bis zur Jahr-hundertwende ist noch zu erwähnen, dass zwischen der Kistler-Genossame (früher Alpge-nossen genannt)
einerseits und der Allgemeinen Genossame (wobei die Geschlechter der Hofleute waren) oft Uneinigkeiten entstanden, wegen den alten Holz- und Atzungsrechten in der Alp. Es kam sogar zu
verschiedenen Prozessen, die bis vor Bundesgericht führten. (Protokoll der Allg. Genossame)
1906 Endlich am 20. September 1906 ist dann durch beide genannten Genossamen ein notarisch gefertigter Vertrag, welchem ein Augenschein von hohen Instanzen über die Alp und
Waldungen vorausging, vereinbart und abgeschlossen worden.
1970 beträgt die Mitgliederanzahl 230 Genossen.
Bis zum Jahr 2006 (279 Mitglieder) waren nur nachfolgende Genossengeschlechter zur Aufnahme in die Allgemeine Genossame Reichenburg berechtigt: Buff, Burlet, Hahn, Kistler,
Menziger, Mettler, Reumer, Schirmer, Schumacher, Spörri, Wilhelm und Zett.
Aufgrund eines Bundesgerichturteils vom 3. Februar 2006, welches bestätigte, dass der vorgeschriebene Geschlechtername in Kombination mit dem Bürgerrecht nicht geschlechtsneutral sei und somit
dem verfassungsmässigen Gleichstellungsgebot nicht standhielt, wurden die Schwyzer Geschlechtergenossamen vom Regierungsrat aufgefordert, die Aufnahmebedingungen anzupassen. Mit der
Statutenrevision, die von der Genossengemeinde an der Frühlingsgemeinde vom 23. März 2007 gutgeheissen wurde, wurde auch das Aufnahmealter von 26 auf 20 Jahre heruntergesetzt.
2007 An der Frühlingsversammlung 2007 wurde von den Genossenbürgern ein Kredit für die Projektarbeiten im Hinblick auf eine mögliche Fusion mit der Kistler Genossame bewilligt. Als mögliche Vorteile einer Fusion wurden tiefere Fixkosten, ein administrativer Gewinn bezüglich Quantität und Qualität der Leistungen, weniger Rekrutierungsprobleme für Ämter, eine bessere Auslastung der Kapazitäten und ein vergrösserter finanzieller Handlungsspielraum aufgeführt. Nach Einsetzung einer Projektgruppe, einem entsprechenden Vernehmlassungsverfahren und einer ausserordentlichen Orientierungsversammlung am 27.08.2008 wurde die Fusion an der Herbstgemeinde vom 23.10.2009 zur Abstimmung vorgelegt, obwohl die Kistler Genossame an ihrer Frühlingsgemeinde die 2/3-Mehrheit für eine Zustimmung nicht erreicht hatte. Nach einer stark emotional geführten Diskussion konnte mit 75 Ja-Stimmen zu 45 Nein-Stimmen das erforderliche Mehr von 80 Zustimmenden auch bei der AGR leider nicht erreicht werden und die Fusion war somit definitiv gescheitert (wohl eher aus emotionalen denn aus sachlichen Gründen).
An der Herbstversammlung 2007 wurde einem Kreditantrag von CHF 2,2 Mio. zum Erwerb der Liegenschaft KTN 522 in Reichenburg mit einer Fläche von 4‘695 m2 in der Wohn- und Gewerbezone 4 zugestimmt. Damit wurde der Grundstein für die Realisierung des Wohnparkes Steinenbrugg gelegt. Nach intensiven Vorbereitungs- und Planungsarbeiten wurde der Spatenstich am 25.03.2010 ausgeführt. Darauf folgte für den Genossenrat eine interessante, spannende und herausfordernde Bauzeit, nach welcher im November 2011 die ersten Wohnungen im Haus A bezogen werden konnten. Im Laufe des Jahres 2012 wurden die Wohnungen in den Häusern B und C sowie die Gewerberäume im Haus C bezugsbereit fertig gestellt. Ende 2012 waren 23 der 25 Wohnungen vermietet sowie ein Kosmetikstudio in den Gewerberäumlichkeiten eingezogen.
Die AGR verlegt ihre Büroräumlichkeiten Anfang 2013 in den Wohnpark Steinenbrugg.
Am 01.01.2013 beträgt die Mitgliederzahl 320 Genossenbürgerinnen und Genossenbürger.